OMG - AMNOG

Wo ich gerade bei unliebsamen Kürzeln bin, das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) ist auch so ein Fall für die Tonne. – Die Mülltonne.

Aber alles der Reihe nach. Am Anfang stand ein Koalitionsvertrag. Na gut, er lag. Wie oder wo er sich aufhielt, ist auch schnuppe.Der Ihnhalt ist viel wichtiger, der besagt nämlich, dass CDU und FDP 2009 beschlossen, den Arzneimittelmarkt neu zu ordnen.
Zitat: Dabei sollte der Arzneimittelmarkt sowohl wettbewerblicher gestaltet, als auch patienten- und mittelstandsfreundlicher gemacht werden.
Vielleicht merkst du es schon, da passen ein paar Kleinigkeiten nicht zusammen. Menschen und Wirtschaftsinteressen.

Der Anlass für das Vorhaben war schlicht eine Erhöhung der Arzneimittelausgaben, um 5,3 Prozent pro versicherter Person, diese verursachten Mehrkosten von ungefähr 1,5 Milliarden Euro. Schon in den Jahren vor 2009 wuchsen die Ausgaben beständig an. Aber mal ehrlich, was will man auch von einer Gesellschaft erwarten, in der die Anzahl der alten Menschen und der neu entwickelten Medikamente immer mehr zunimmt?

Nun, mit der Neureglung sollen angeblich 2 Milliarden Euro jährlich eingespart werden. Ein Teil der Regelung besagt, dass die Hersteller neuer Mittel verpflichtet sind, einen Zusatznutzen nachzuweisen, um einen höheren Verkaufspreis, im Vergleich zu ähnlichen Medikamenten, verlangen zu können. Der G- BA, das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland, studiert die eingereichten Studien und vergibt das „Prädikat“ Zusatznutzen – oder auch nicht.

Und da fängt das Problem für die Patienten und behandelnden Ärzte an, das insbesondere bei Antiepileptika auftritt. Ein hinlänglich bekanntes Beispiel ist der Fall Fycompa. Das innovative Antiepileptikum besitzt eine Zulassung und wird bereits in anderen Ländern zum Verkauf angeboten. In Deutschland beantragte der Hersteller zweimal den Zusatznutzen, doch die G-BA lehnte ab, weil sie keine Studie erhielt, in der Fycompa mit Lamotrigin verglichen wird.

Der Witz ist, dass es in Deutschland keinen Epileptiker*in gibt, der an einer fokalen Epilepsie leidet und noch nie Lamotrigin einnahm. Was eine Voraussetzung für die Teilnahme an jener Studie wäre. Tja, was soll man dazu sagen? Dumm gelaufen. Die gesetzlichen Krankenkassen hielten sich an die Richtlinien und verlangten einen Festpreis von 20 Euro, bedenkt man die immensen Kosten, die zur Erforschung des Mittels nötig waren, sind die 20 Euro ein schlechter Scherz.

Würde der Hersteller darauf eingehen, wäre er fix pleite. Die Patienten der anderen Länder sind ja nicht doof und würden sich die Tabletten schön billig in Deutschland kaufen. Wahrscheinlich verstehen CDU und FDP das unter Förderung des Mittelstandes. Es kam jedoch anders und zweitens als man denkt. Das Produkt wird gegen April vom deutschen Markt genommen.

Die Epileptiker, die von Fycompa abhängig sind, stehen dumm da, und die Ärzte des Universitätsklinikums Bonn entschuldigen sich für ein Gesetz, gegen das sie, mit vielen anderen Ärzten und Verbänden, auf die Barrikaden gegangen sind und immer noch gehen.
Ein patienten- und mittelstandsfreundliches Gesetz? Pustekuchen!

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TTIP: kleines Wort, große Wirkung

TTIP,“Transatlantic Trade and Investment Partnership. Das Kürzel, das so harmlos daher kommt wie eine Discountermarke, steht für einen Handelsvertrag, der vielen ein Dorn im Auge ist. Mich persönlich zwickt er so derbe, dass beide Augen tränen.

 

Zum Glück erschienen zur Anti-TTIP-Demonstration um die 200.00 Menschen in Berlin. So eine Menge ist natürlich schwer zu übersehen. Fahnen, Plakate, Luftballons, witzige Figuren aus Pappmachee, sich austobende Musiker und Tänzer bereicherten den Demonstrationszug um einige bunte Farbtupfer. Ja, der Haufen war wirklich nicht zu übersehen.

 

Trotz allem blieb er in den Nachrichten nur eine flüchtige Randnotiz. Da bequeme ich mich extra in die große Stadt und dann sowas. Das schreit geradezu nach einem schriftlichen Nachruf. Ähm, das ist vielleicht etwas ungeschickt ausgedrückt. Gestorben wurde in Paris. In Berlin wurde gekonnt ignoriert. - Warum auch immer.

 

Laut den Kritikern des Handelsvertrages sind die intransparenten Verhandlungen und Chlorhühnchen nur die dekorative Spitze des Eisberges. Der große Klops, der sich unter der Spitze versteckt, besteht aus einer Ansammlung umstrittener Regelungen, die sich sehr negativ auf das Leben des Ottonormalverbrauchers auswirken können. Vorausgesetzt sie werden genauso durchgesetzt wie sie gerade in den Entwürfen stehen. Nun könnte ich einen ellenlangen Beitrag über die befürchteten Nachteile schreiben. Aber den Sermon will ich dir wirklich nicht antun. Ich beschränke mich auf die Auswirkungen, die speziell chronisch Kranke treffen könnten.

 

Neuerdings interessiert sich die Lobby der Pharmaindustrie vermehrt für den transatlantischen Handelsvertrag. Sehr verdächtig, was brüten die großen Konzerne wohl aus? Laut Handelsblatt wollen die Unternehmen bei der Zulassung von Medikamenten keine doppelten Studien machen müssen. Außerdem sollen die Arzneimittelfabriken nicht zwangsweise von zwei Gesundheitskontrolleuren, also aus USA und Europa, geprüft werden.

 

Welche Folgen die aneinander angepassten Regeln haben, ist fraglich. Fürsprecher heben den positiven Effekt auf die Preise hervor und Gegner vermuten einen negativen Effekt. Da ich gerade keine Wahrsagerin zur Hand habe, kann ich nicht voraussagen, wer Recht behalten wird. Allerdings weiß ich eins ziemlich sicher: am Ende gewinnt immer die Bank.

 

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Purple make my day

Jeder zweite meiner Bekannten oder Leute, die ich traf, kennt mindestens einen weiteren Epileptiker, neben mir. Trotzdem bleiben die typischen Vorurteile gegenüber Epileptikern hartnäckig bestehen.

 

Zum Beispiel, dass alle Epileptiker geistig minderbemittelt seien, ein Anfall gehe immer damit einher, dass der „Angefallene“ umfällt und krampft.

 

Aber am besten gefällt mir das Klischee, dass man dem Epileptiker während eines epileptischen Anfalls ein Holzstück in den Mund schieben solle, damit der sich nicht auf die Zunge beißt -ähm, der Epileptiker, nicht der Anfall oder der Mund. Jedenfalls ist das eine Methode aus dem Mittelalter. Ich hörte, es soll tatsächlich noch Ärzte geben, die sie praktizieren würden. Klingt komisch, ist aber so.

 

Und aus dem Grund erfand die damals neunjährige Cassidy Megan 2008 den Purple Day.

Paul Shaffer und Cassidy Megan. (Quelle: Purple Day - http://purpleday.org/)
Paul Shaffer und Cassidy Megan. (Quelle: Purple Day - http://purpleday.org/)

Er findet jedes Jahr am 26. März statt. An diesem Tag tragen weltweit alle Leute lila (Im letzten Jahr sogar in der Antarktis), die sich mit Epileptikern solidarisieren und auf die Krankheit aufmerksam machen wollen.

 

Außerdem finden viele andere Aktionen statt, teils aufsehenderregend, teils aufklärerisch. Am 17.02.2012 wurde der Tag in Kanada offiziell mit dem "Purple Day Act" registriert. Allerdings nicht als Feiertag. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

 

 

 

 

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GST, alles nur geklaut?

Nein, natürlich nicht. Das GST ist kein billiger Abklatsch des Spieles GTA (Grand Theft Auto). GST ist die spannende Abkürzung für ein staubtrockenes Thema, das Gesetz für Soziale Teilhabe. Wieso berichte ich eigentlich davon, wenn es dermaßen trocken ist?

 

Weil die Bezeichnung GST gleichzeitig ebenso reizend ist wie das Wort Inklusion. Nebenbei könnte das Gesetz ein guter Beitrag zu dieser Inklusion behinderter Menschen sein. Die Betonung liegt auf „könnte“, noch ist es nicht festgeschrieben. Texte zum GST erscheinen in den unterschiedlichsten Formen. Für alle, die es ganz genau wissen wollen und einen langen Atem haben, zähle ich sie jetzt auf. Achtung es geht los:

 

Eine Erklärung des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, einige Eckpunkte des Forums behinderter Juristinnen und Juristen und ein Gesetzesentwurf des Forums behinderter Juristinnen und Juristen.

 

Da bleibt mir glatt die Luft weg. Ehe ich an Atemnot sterbe, fasse ich mich nun kurz. In dem Gesetzesentwurf ist die Rede von zahlreichen Hilfen, die, meiner Meinung nach, sehr sinnvoll sind.

 

Ein Beispiel: Die Besuche von unterhaltenden oder kulturellen Veranstaltung und Einrichtungen werden unterstützt.

 

Und für die älteren Semester: Das Vermögen wird nicht angerechnet, wenn du Sozialhilfe beziehst. Sprich, du darfst mehr als 1500 oder 2600 Euro zusammensparen.

 

Mein erster Gedanke war: Na, würde der Staat all die Regelungen umsetzen, wäre das ein Leben wie im Paradies, ohne Ferrari, dicke Goldkette oder einen runzeligen Nackthund in der Designer-Handtasche. -Das wäre mehr die Hölle.

 

Andererseits erscheint mir die Extrawurst für Behinderte unfair gegenüber den anderen Sozialhilfeempfängern. Einmal Gleichberechtigung fordern und dann zusätzliche Hilfe verlangen. Ist das nicht schizophren? Ach, wenn ich auf meinen holprigen Lebensweg und die vielen Extraausgaben für Medikamente, Arztbesuche, ect., zurückblicke, dann ist mir der Widerspruch herzlich egal. Ein bisschen verrückt muss man schon sein, um in dieser Welt normal zu bleiben, wie Lilli U. Keßner so schön sagte.

 

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Wortwall für Außenseiter

Vom Ausschließen bis zum Miteinander
Vom Ausschließen bis zum Miteinander

(Könnte Spuren von Nüssen und Humor enthalten)

 

 

Damals hieß es noch, Behinderte müsse man integrieren. Oft verlagert die Integration sich in eine Parallelwelt, zum Beispiel in die Sonderschule und später in eine Behindertenwerkstatt. Die Agentur für Arbeit veranstaltet Maßnahmen für Behinderte, oder zahlt Hartz IV. Wenn alles nichts hilft, erhält der Integrationsresistente eine Frührente. Vielleicht ist es dir bereits aufgefallen, bei einer derartigen Integration befindet sich der Integrierte überall, nur nicht in der Mitte der Gesellschaft. Aber jetzt soll alles besser werden, mit der Inklusion. „Wie bitte?“, fragte ich mich, „Inklusion, was soll das sein?“

 

Nach ausgiebiger Recherche stellte ich fest, dass eine Inklusion keine Implosion in einem Kernkraftwerk ist. Sie ist auch kein spanischer Cluburlaub „all inklusione“. Im Duden der deutschen Rechtschreibung fand ich von der Inklusion nur den Hauch einer Spur, nämlich „inkludieren“.

Aber es ist tatsächlich kein Fachwort für „explodieren“. Wie es immer so ist, entdeckte ich das, was ich suchte, in der letzten Hosentasche. In diesem Falle war es das Fremdwörterbuch. So weit ist es also schon gekommen. Jetzt ist der politisch korrekte Ausdruck für den freundlichen Umgang mit Behinderten ein Außenseiterwort im Fremdwörterbuch.

 

Laut Definition ist es vom lateinischen inclusio abgeleitet. Inclusio bedeutet Einschließung oder Einsperrung. Die Integration, ursprünglich integratio, kommt wesentlich sympathischer daher, als Erneuerung oder Wiederherstellung. Im Unterschied zur Integration geht man bei der Inklusion davon aus, dass es nicht zwei Gruppen gibt (Also „Normale“ und Behinderte), sondern viele Individuen, die alle zusammen eine Gruppe bilden. Ein schöner Gedanke. Aber mir drängt sich die Frage auf, wieso eine Integration für Migranten und eine Inklusion für Behinderte?

 

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